Effektiv Pausen einlegen

In der geschriebenen Sprache stellen Interpunktionszeichen (, . ; : ! ? etc.) Grenzen oder Enden von Inhalten dar. Beim Vorlesen sind Interpunktionszeichen lediglich ein Maßstab der Pausensetzung. Es gibt Fälle, wo es geeigneter ist, trotz eines Interpunktionszeichens keine Pause zu setzen, oder es umgekehrt effektiver ist, eine kleine Pause zu setzen, auch wenn kein Punkt oder Komma im Satz steht. Die Pausensetzung hat einen großen Einfluss auf die Vermittlung von Bedeutung. Wenn die Pausensetzung in einer Äußerung unangemessen ist, kann es sein, dass der Zuhörer den Inhalt unzureichend versteht und es u. U. zu einer falschen Interpretation kommt. Pausen werden beim Textvortrag auch häufig verwendet, um für einen Moment Spannung aufzubauen oder diese zu erhöhen. Bemühen Sie sich beim Textvortrag um ein geschickt phrasiertes Lesen.

(1)  Die Königstochter folgte ihr mit den Augen nach, aber die Kugel verschwand, und der Brunnen war tief, so tief, dass man keinen Grund sah.

Übung

Lesen Sie den Text mit angemessenen Pausen: Bei einem Pfeil machen Sie eine kurze Pause (klopfen Sie einmal kurz auf den Tisch). Bei zwei Pfeilen machen Sie eine etwas längere Pause (heben Sie den Kopf an und schauen Sie „dem Zuhörer“ kurz ins Gesicht).

Die Königstochter folgte ihr mit den Augen nach, (➚︎)
aber die Kugel verschwand, (➘︎)
und der Brunnen war tief, ( )
so tief, dass man keinen Grund sah. (➘︎➘︎)   

Oliver

Anneke


(2)  Da kam noch ein Kind und bat um ein Hemdlein, und das fromme Mädchen dachte: »Es ist dunkle Nacht, da sieht dich niemand, du kannst wohl dein Hemd weggeben«, und zog das Hemd ab und gab es auch noch hin.

Übung

Lesen Sie den Text mit angemessenen Pausen: Bei einem Pfeil machen Sie eine kurze Pause (klopfen Sie einmal kurz auf den Tisch). Bei zwei Pfeilen machen Sie eine etwas längere Pause (heben Sie den Kopf an und schauen Sie „dem Zuhörer“ kurz ins Gesicht).

Da kam noch ein Kind () und bat um ein Hemdlein, (➘︎)
und das fromme Mädchen dachte: ()
»Es ist dunkle Nacht, () da sieht dich niemand, (➘︎)
du kannst wohl dein Hemd weggeben«, (➘︎➘︎)
und zog das Hemd ab (➚︎) und gab es auch noch hin. (➘︎➘︎)

Oliver

Anneke


(3)  »Zeig uns zuerst deine Pfote, damit wir wissen, dass du unser liebes Mütterchen bist.« Da legte der Wolf die Pfote ins Fenster, und als sie sahen, dass sie weiß war, so glaubten sie, es wäre alles wahr, was er sagte, und machten die Tür auf. Wer aber hereinkam, war der Wolf.

Übung

Lesen Sie den Text mit angemessenen Pausen: Bei einem Pfeil machen Sie eine kurze Pause (klopfen Sie einmal kurz auf den Tisch). Bei zwei Pfeilen machen Sie eine etwas längere Pause (heben Sie den Kopf an und schauen Sie „dem Zuhörer“ kurz ins Gesicht).

»Zeig uns zuerst deine Pfote, ()
damit wir wissen, dass du unser liebes Mütterchen bist.«  (➘︎➘︎)
Da legte der Wolf die Pfote ins Fenster, (➘︎)
und als sie sahen, dass sie weiß war, ()
so glaubten sie, () es wäre alles wahr, was er sagte, (➘︎)
und machten die Tür () auf. (➘︎➘︎)
Wer aber hereinkam, (➚︎➚︎war der Wolf. (➘︎➘︎)

„Kam“ und „war“ haben einen Dehnungsakzent. Zum Zweck der Betonung und des Spannungsaufbaus werden lange Vokale noch länger als üblich ausgesprochen. Kurze Vokale können prinzipiell nicht verlängert werden. Jedoch können vor oder nach einem kurzen Vokal stehende Sonoranten oder Frikative länger ausgesprochen werden, um einen Dehnungsakzent zu setzen.

Oliver

Anneke


(4)  In den alten Zeiten, wo das Wünschen noch geholfen hat, lebte ein König, dessen Töchter waren alle schön; aber die jüngste war so schön, dass die Sonne selber, die doch so vieles gesehen hat, sich verwunderte, sooft sie ihr ins Gesicht schien.

Übung

Lesen Sie den Text mit angemessenen Pausen: Bei einem Pfeil machen Sie eine kurze Pause (klopfen Sie einmal kurz auf den Tisch). Bei zwei Pfeilen machen Sie eine etwas längere Pause (heben Sie den Kopf an und schauen Sie „dem Zuhörer“ kurz ins Gesicht).

In den alten Zeiten, (➚︎)
wo das Wünschen noch geholfen hat, (➚︎)
lebte ein König, (dessen Töchter waren alle schön; (➘︎➘︎)
aber die jüngste war so schön, (➚︎)
dass die Sonne selber, () die doch so vieles gesehen hat, (➚︎)
sich verwunderte, () sooft sie ihr ins Gesicht schien. (➘︎➘︎)

Oliver

Anneke


(5a)  Der Müller dachte: »Der Wolf will einen betrügen«, und weigerte sich; aber der Wolf sprach: »Wenn du es nicht tust, fresse ich dich!«  Da fürchtete sich der Müller und machte ihm die Pfote weiß. Ja, so sind die Menschen.

(5b)  …und es erzählte ihr, dass der Wolf gekommen wäre und die anderen alle gefressen hätte. Da könnt ihr denken, wie sie über ihre armen Kinder geweint hat!

Übung

Lesen Sie den Text mit angemessenen Pausen: Bei einem Pfeil machen Sie eine kurze Pause (klopfen Sie einmal kurz auf den Tisch). Bei zwei Pfeilen machen Sie eine etwas längere Pause (heben Sie den Kopf an und schauen Sie „dem Zuhörer“ kurz ins Gesicht).

Der Müller dachte: ( »Der Wolf will einen betrügen«, (➘︎)
und weigerte sich; (➘︎)
aber der Wolf sprach: ()
»Wenn du es nicht tust, (➚︎) fresse ich dich!«  (➘︎)
Da fürchtete sich der Müller ()
und machte ihm die Pfote weiß. (➘︎➘︎)
Ja, () so sind die Menschen. (➘︎➘︎)

Sprechen Sie die blau geschriebenen Wörter stark.

Oliver

Anneke

…und es erzählte ihr, (➚︎) dass der Wolf gekommen wäre ()
und die anderen alle gefressen hätte. (➘︎➘︎)
Da könnt ihr denken, ()
wie sie über ihre armen Kinder geweint hat! (➘︎➘︎)

Sprechen Sie die blau geschriebenen Wörter stark.

Oliver

Anneke